Ende November 2022 in Deutschland: Trübes Wetter, Nieselregen, Kälte, Windstille. Ertrag der Fotovoltaikanlage am 30.11.2022: Magere 1,7 Kilowattstunden.
Diese Wetterlage wird Dunkelflaute genannt – und sie herrscht im gesamten Land, wie die Webseite von Electricity Maps am 1. November 2022 zeigt.

Electricity Maps ist ein junges StartUp, betrieben von einem französisch-dänischen Team, das Daten über die klimarelevante Stromerzeugung in der ganzen Welt sammelt und in Echtzeit visualisiert. In dieser Abbildung, die am 1.12.2022 als Screenshot erstellt wurde, ist zu erkennen, dass Deutschland bei diesem Wetter eine extrem schlechte Klimabilanz hat. Auf Grund der verfehlten Energiepolitik der letzten Jahre mussten alte Kohlekraftwerke wieder ans Netz gehen, um in dieser Dunkelflaute den dringend benötigten Strom zu liefern.
Am heutigen Vormittag ist Deutschland damit eines der relativ(!) klimaschädlichsten Länder in ganz Europa, mit einem durchschnittlichen Ausstoß von 779 Gramm CO2-Äquivalente pro erzeugter Kilowattstunde gCO2eq/kWh. Übertroffen wird das nur noch von Estland mit 819 gCO2eq/kWh und Polen mit 1026 gCO2eq/kWh – und an vierter Stelle liegt das Kosovo mit 762 gCO2eq/kWh. In absoluten Zahlen sind wir außerdem der größte Verschmutzer in Europa, weil mehr Kilowattstunden produziert werden, als in Polen, Estland oder gar dem Kosovo.
Sogar Frankreich, in dem derzeit 30 von 56 Kernreaktoren wegen Reparaturarbeiten vom Netz sind, ist dagegen ein Musterschüler mit nur 136 gCO2eq/kWh.
Ich muss sagen: Tolle Leistung für Deutschland, dessen grüne Politiker sich gerne als moralisch überlegene Vorreiter des Klimaschutzes präsentieren. Vaclav Smil, einer der Vordenker der weltweiten Energieerzeugung, kommentierte die Fixierung auf die „Erneuerbaren Energien“ schon 2018 mit sarkastischen Worten.
True German engineering: the nation doubled its hypothetical capacity to create electricity but has gotten minimal environmental benefit.
Wahrhaft deutsche Ingenieurskunst: Das Land hat seine hypothetische Kapazität zur Erzeugung von Elektrizität verdoppelt, aber nur minimale Vorteile für die Umwelt erzielt.
Zitiert nach Voosen, P. (2018):Meet Vaclav Smil, the man who has quietly shaped how the world thinks about energy.
Science, 21. May 2018.
Der Vollständigkeit halber schließe ich hier eine Tabelle an, aus der man den durchschnittlichen Ausstoß dieser CO2-Äquivalente für verschiedene Arten der Energieerzeugung entnehmen kann.
Kernkraftwerke in Deutschland | Kernkraftwerke in Frankreich | Kohlekraftwerke | Gaskraftwerke | Fotovoltaik | Wasserkraftwerke | Windparks |
32 | 8 | 950 – 1150 | 350 – 550 | 101 | 40 | 23-24 |
Kernkraftwerke sind also eine der klimafreundlichsten Arten der Energieerzeugung – und Deutschland schaltet sie ab.
Anmerkung 1: Interessant ist, das Kernkraftwerke in Frankreich offenbar klimafreundlicher sind, als in Deutschland. Denn in die oben genannten Daten wurde auch alles mit einberechnet, was bei dem Bau der Kraftwerke und bei der Versorgung mit Brennstoff anfällt. Also ganz einfach: Kernkraftwerke sind in Frankreich klimafreundlicher, weil der zum Bau verwendete Strom aus Kernkraftwerken stammt.
Anmerkung 2: In dem Beitrag zum LNG-Desaster habe ich den erheblichen Einfluss der Transportverluste bei Erdgas auf das Klima beschrieben. Die oben genannten Daten haben diesen Einfluss noch nicht berücksichtigt. Die Transportverluste verschlechtern die Klimabilanz der Gaskraftwerke dramatisch, insbesondere dann, wenn sie mit (zeitweise) verflüssigtem Erdgas LNG betrieben werden, und erst recht, wenn dieses in den USA durch Fracking gewonnen wurde.