Mit dem Scheitern der deutschen Bundesregierung im November 2024 ist endlich wieder Hoffnung vorhanden, zu einer rationalen Energiepolitik zurückzukehren. Das wird auch höchste Zeit, denn wie schon vor ziemlich genau 2 Jahren herrscht in Deutschland wieder Dunkelflaute. Fotovoltaikanlagen liefern keinen Ertrag, und Windstille liegt über Deutschland. Und wie damals zeigt die Karte von Electricitymaps, dass der Strom in Deutschland zu den klimaschädlichsten in ganz Europa gehört – so etwa auf dem Niveau von Bulgarien.

Diese Situation hat noch einen unangenehmen Nebeneffekt. Ab Januar ist jeder Stromanbieter in Deutschland verpflichtet, seinen Kunden einen zeitvariablen Tarif anzubieten, vorausgesetzt, dieser verfügt über ein SmartMeter als Stromzähler. Diese SmartMeter melden den Stromverbrauch in kurzen Abständen an den Messstellenbetreiber, und dieser wiederum an den Stromanbieter.

Es hat sich deshalb ein ganz interessantes Geschäftsmodell für junge Unternehmen aufgetan, welche die stündlichen Schwankungen an der EPEX-Spot Strombörse an die Kunden weitergeben. Der vom Kunden zu zahlende Tarif wechselt also stündlich, er setzt sich zusammen aus einem fixen monatlichen Betrag, einem fixen Betrag pro Kilowattstunde für Netzentgelte etc. sowie dem Börsenpreis und einem prozentualen Aufschlag auf diesen. Der Börsenpreis kann aber auch negativ werden – und dann kann man als Stromkunde tatsächlich durch den Stromverbrauch Geld verdienen (der prozentuale Aufschlag wird natürlich nicht negativ, sondern berechnet sich vom Absolutwert des Börsenpreises). Außerdem ist der zu zahlende Gesamtpreis sowohl nach oben als auch nach unten gedeckelt. Im Falle des Anbieters aWATTar liegt die Deckelung bei +/- 80 Cent/kWh.

Mithilfe meiner Hausautomatisierung habe ich das jetzt seit einigen Monaten sehr genau verfolgt, und tatsächlich hat sich gegenüber meinem „konventionellen“ Stromtarif von 30,97 Cent/kWh im Sommer ein Einsparpotenzial von – man halte sich fest – etwa einem € pro Tag ergeben. Allerdings ist die Situation jetzt während der Dunkelflaute eine andere: Der bei diesem angeblich so modernen zeitvariablen Tarif zu zahlende Strompreis liegt keineswegs unter dem konventionellen Wert, zu manchen Zeiten sogar deutlich darüber. Aus der nachstehenden Grafik ist das nicht direkt zu erkennen, sie zeigt nur den Börsenstrompreis.

Rechnet man hier die anderen Preisbestandteile hinzu, zeigt sich sehr schnell:

Die Situation in Deutschland ist auch deshalb bedrückend für jeden rational denkenden Menschen, weil unser Nachbarland Frankreich – das voll auf Kernenergie setzt – sehr viel besser dasteht. Genauer: Deutschland emittiert derzeit pro Kilowattstunde seines verbrauchten Stroms mehr als zehnmal (!) so viel CO2-Äquivalente wie Frankreich. Und da geht schon ein, dass ein Teil dieses Stromverbrauchs aus Frankreich importiert wird.

Es besteht also kein Zweifel angesichts dieser Datenlage:

Dass alle politischen Kräfte in Deutschland 2011 daran mitgewirkt haben, macht es nicht besser. Dass 2011 etwas mehr Besonnenheit statt Panik besser gewesen wäre, dass man vor allem alle Fakten für eine besonnene und rationale Entscheidung vorliegen hatte, diese aber insbesondere von Bundeskanzlerin Angela Merkel gar nicht gesucht wurde, habe ich vor mehr als zwei Jahren im Buch Wider die Angst ausführlich dargelegt. Es wird höchste Zeit, von dieser Verfehlung abzurücken.

Nachtrag: Eine sehr gute Einordnung dieser Dunkelflaute in das Klimageschehen wurde vom Deutschen Wetterdienst veröffentlicht.

Kaspar F, Bär F, Drücke J, James P, Ostermöller J und Zepperitz M (2024) Klimatologische Einordnung der „Dunkelflaute“ im November 2024, Deutscher Wetterdienst.


Dunkelflaute statt Energiewende II
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