Über das deutsche Unvermögen, hervorragende technologische Entwicklungen auch in kommerziellen Erfolg umzusetzen, habe ich schon in dem Post über den Kugelhaufenreaktor berichtet. Aktuell ist nun zu vermelden, dass die deutsche Erfindung einer Magnetschwebebahn in China nicht nur seit 2003 kommerziell genutzt wird, sondern dass jetzt durch den Einsatz supraleitender Spulen ein technologischer Sprung geschafft wurde. Wissenschaftler der Southwest Jiaotong University, des Unternehmens China Railway Group Limited und des Zugherstellers China Railway Rolling Stock Corporation (CRRC) haben damit ein System konstruiert, das eine Geschwindigkeit von 620 km/h erreicht.

Die Magnetschwebebahn wurde von dem deutschen Ingenieur Herrmann Kemper (1892-1977) erfunden, der seine Idee einer räderlosen elektrisch angetriebenen Bahn 1934 patentieren ließ. Ende der 1960er Jahre begannen entsprechende Entwicklungen bei den Ikonen der deutschen elektrotechnischen Industrie, den Unternehmen Siemens, Krauss-Maffei, MBB und der AEG . 1978 wurde durch die Bundesregierung der Bau einer Großversuchsanlage beschlossen, die bis 1987 dann im Emsland gebaut wurde. Auf einer Strecke von rund 40 Kilometern fuhren seitdem die Transrapid-Versuchszüge mit bis zu 400 km/h, für die wirtschaftlich eher schwache Region bei Lathen erwies sich der Bau der Versuchsstrecke als Publikumsmagnet, ernsthafte Interessenten aus anderen Länder und mögliche deutsche kommerzielle Betreiber blieben allerdings mit einer Ausnahme fern. Diese Ausnahme stellt China dar: 2001 wurde der Bau einer 30 km langen Strecke zwischen einem Messezentrum in Shanghai und dem nahegelegenen internationalen Flughafen beschlossen. Die Strecke wurde 2003 unter Beteiligung deutscher Firmen fertiggestellt und ist seitdem in Betrieb, die Züge erreichen dabei eine Geschwindigkeit von bis zu 500 km/h.

Der Transrapid 06, einst…

Bild: MVP, verlinkt von der Webseite magnetbahn.de

… und Jahre danach.

Bild: Claus Hekking, verlinkt von der Webseite spiegel.de

2006 kam es zu einem folgenschweren Unfall auf der deutschen Versuchsstrecke. Auch wegen eines mangelhaften Sicherheitskonzeptes vergaß der Fahrdienstleiter ein stehendes Wartungsfahrzeug, in welches ein Transrapid mit rund 170 km/h raste. 23 Menschen starben, die Gerichtsprozesse um die Feststellung einer Schuldfrage dauerten bis zu 5 Jahre an. Das Interesse in Deutschland ging daraufhin komplett zurück, die Anlage besteht zwar heute noch, fällt jedoch langsam der Natur zum Opfer. Die Nachfahren von Herrmann Kemper ersteigerten 2016 den letzten Transrapid 06, er steht inzwischen in einem Bonner Museum.

China gilt seitdem – auch durch den beẃussten deutschen Technologietransfer – als weltweit führend in der Magnetschwebebahntechnologie (MagLev = Magnetic Levitation). Es kombiniert neuerdings die Erfahrungen aus 20 Jahren Betrieb des Transrapid mit den Ideen des US-Unternehmers Elon Musk, der 2013 mit dem Konzept einer „Hyperloop“-Bahn von sich reden machte. Dabei sollen Züge in Vakuumröhren elektromagnetisch auf hohe Geschwindigkeiten beschleunigt werden. Während der „Hyperloop“ in den USA mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht gebaut werden wird, peilen die oben genannten chinesischen Akteure schon eine Geschwindigkeit von1000 km/h an.

Magnetschwebebahn – deutsche Erfindung in China kommerzialisiert II
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