Im Juni 2023 legte die „Expertenkommission Fracking“ ihren jährlichen Bericht vor – mit dem gigantischen Umfang von 6 Seiten.

Damit stellt sich die Frage, womit sich diese Expertenkommission eigentlich beschäftigt – und wenn man dem nachgeht, kommt ein mittelgroßer Skandal zu Tage.

Auch Deutschland verfügt über Vorkommen von Erdöl und Erdgas. Es liegt deshalb nahe, die Erdgasvorkommen zu erschließen und damit den deutschen Energiebedarf zumindest teilweise zu decken. Das Problem ist aber – nicht nur in Deutschland – dass ein großer Teil dieser Öl- und Gasvorkommen in tiefen Gesteinsschichten lagert, die nicht porös sind. Schon im 19. Jahrhundert wurden deshalb in den USA Versuche unternommen, die Ölförderung von weniger tiefen Bohrungen durch eingeführte Sprengsätze zu erhöhen, mit denen diese Gesteine aufgebrochen wurden. Für tiefe Schichten (mehrere Kilometer unter der Oberfläche) erwies sich das aber nicht als praktikabel, eine Förderung dieser tiefen Öl- und Gasvorräte war also bis vor einigen Jahrzehnten unwirtschaftlich oder gar unmöglich.

Erst in den 1940er Jahren begründete Floyd Farris von Stanolind Oil and Gas die Methode, solche Gesteinsschichten hydraulisch aufzubrechen, indem Wasser und andere Substanzen unter hohem Druck eingepresst werden. 1949 wurde dies zum ersten Mal durchgeführt, und zwar im Hugoton-Gasfeld in Kansas. Die US-Firma Halliburton ließ sich das Verfahren im gleichen Jahr patentieren und setzte dieses Monopol bis 1968 durch. Ab etwa 1970 gab es in den USA eine sehr dynamische Entwicklung des Verfahrens. Ein weiterer Durchbruch wurde 1991 erzielt, indem auch horizontale Bohrungen und das hydraulische Fracking die Erschließung ganz neuer Lagerstätten ermöglichten. Ab 2005 wurde das in Verfahren in den USA in großem Stil eingeführt und sorgte dafür, dass die USA zu einem der Haupt-Erdgasproduzenten der Welt aufstiegen (Eine etwas ausführlichere Geschichte des Frackings findet man hier.)

Leider wurden in den Boomjahren viele Substanzen eingesetzt, die negative Auswirkungen auf die Umwelt haben. In einigen Gegenden kam es zu Verunreinigungen des Trinkwassers oder gar zu Erdbeben. Fassen wir es kurz: Aus diesen Gründen hat der Deutsche Bundestag im Jahr 2017 ein Verbot des unkonventionellen Fracking beschlossen – es ist also nicht gestattet, aus undurchlässigem Schiefer-, Ton-, Mergel- und Kohleflözgestein Erdgas durch hydraulisches Fracking zu fördern. Das konventionelle Fracking, bei dem z.B. Wasser eingesetzt wird, um Erdgas aus porösen Schichten (wie etwa Sandstein) zu fördern, ist nach wie vor erlaubt und wird auch eingesetzt.

Zugleich setzte der Bundestag eine „Expertenkommission Fracking“ ein, die bis auf Weiteres einen jährlichen Bericht über die Weiterentwicklung der Verfahren vorlegen sollte. Das hat sie auch getan: 2019, 2020 und 2021 gab es einen umfangreichen Report der Kommission. 2021 war das Gesamtfazit des Berichtes, dass jetzt die Verfahren alle weit genug entwickelt und umweltfreundlich genug seien, um das generelle Verbot aufzuheben und stattdessen Erprobungsmaßnahmen einzuleiten.

Somit sind die wichtigen geowissenschaftlich-technischen Grundlagen vorhanden, eine Entscheidung zum Fracking unkonventioneller Lagerstätten auf Basis gemäß § 13a des Wasserhaushaltsgesetzes im politischen Raum treffen zu können. Die Expertenkommission empfiehlt den zuständigen politischen Gremien, eine solche Entscheidung umgehend zu treffen. Forschung und Erprobungsmaßnahmen nach § 13a des Wasserhaushaltsgesetzes können dazu beitragen, die technische Machbarkeit der Handlungsempfehlungen und Reduktion der Risiken bei der Anwendung von Fracking in unkonventionellen Lagerstätten zu verbessern.

Bericht der Expertenkommission FRacking des Deutschen Bundestages, 19.Mai 2021

Leider hat sich der Deutsche Bundestag seit 2021 nicht ein einziges Mal mit dem Thema befasst. Stattdessen wird die Verantwortung der Industrie zugeschoben, diese wiederum verweist auf den Deutschen Bundestag. Ergebnis: Keines. Das Thema wird totgeschwiegen, obwohl ein maßvolles und umweltfreundliches Fracking in Deutschland erstens schnell umsetzbar wäre und zweitens deutlich umweltfreundlicher wäre, als der Import von Liquid Natural Gas LNG aus den USA (siehe hierzu den Beitrag Das LNG-Disaster).

In den Jahren 2022 und 2023 legte die Expertenkommission natürlich auch wieder Berichte vor – allerdings jeweils nur wenige Seiten umfassend. Dafür mit dem klaren Hinweis, dass die Handlungsempfehlungen von 2021 immer noch gültig sind. Man könnte diese Kurzberichte auch zusammenfassen unter dem Titel

Warum schafft es der Deutsche Bundestag eigentlich nicht, die selbst gestellte Aufgabe einer Neubewertung des Fracking zu erledigen?

Fracking in Deutschland
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